Der IPCC-Zustandsbericht Nr. 6 & ein Kommentar

Was sagt der IPCC-Zustandsbericht?

Der Dlf berichtet dazu am 10.8.2021 per Interview mit Svenja Schulze:

Eine kritische Anmerkung

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Die Wetterextreme nehmen zu …

Zumindest in der medialen Berichterstattung.

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Tichys Einblick zum 6. IPCC-Zustandsbericht

Der neue Klimabericht behauptet …

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1. Die globale Erwärmung seit 1850 bis heute wird mit 1,07 °C angegeben. Die Erwärmung von 2011 bis 2020 ist seit der letzten Berichtsperiode von 2003 bis 2012 um 0,19 °C angestiegen.

2. Es gibt neue Modelle (CMIP6), von denen einige aber zu völlig unglaubwürdigen Ergebnissen führten. (Science,Paul Voosen: U.N. climate panel confronts implausibly hot forecasts of future warming). Da der CO2-Einfluss als zu stark angenommen wurde, führte die Rückwärtsmodellierung der Temperaturentwicklung der letzten Jahrtausende einiger Modelle zu unrealistisch kalten Temperaturen. In die Zukunft gerichtet liefen viele Modelle zu heiss. Selbst der IPCC-nahe Gavin Schmidt vom NASA GISS – Institut stellte fest : „insanely scary – and wrong“ (irrsinig gruselig – und falsch). Daher wurden die Modelle, auf die sich der IPCC beruft, beschränkt (constrained). Trotzdem wurde der heilige Gral der Klimaforschung, die Klimasensitivität ECS (Temperaturerhöhung bei Verdoppelung des CO2) angehoben. Bislang rechnete der IPCC mit einem Bereich des Temperaturanstiegs von 1,5° bis 4,5° Celsius bei Verdoppelung der CO2-Konzentration von 280 ppm ( 1850) auf 560 ppm in der Zukunft. Vor dem Hintergrund der neuen Modelle gibt der IPCC nun einen Temperaturbereich von 2° bis 5°C an, mit einem engeren Vertrauensbereich von 2,5°C bis 4°C. Der Klimarat wagt es sogar wieder, einen Mittelwert der Klimasensitivität zu geben, und zwar von 3°C für eine CO2 -Verdopplung.

3. Überraschenderweise hat der IPCC die mittelalterliche Wärmeperiode von 900 bis 1200 aus dem Klimabericht und somit aus dem Klimagedächtnis der Menschheit gestrichen. Die erste Grafik des Berichts, SPM.1, gibt den Temperaturverlauf der letzten 2000 Jahre wieder. Vom Jahre 1 an zeigt die Kurve einen ständig leicht abfallenden Trend bis 1850, um dann die Temperatur bis heute stark ansteigen zu lassen. Ein neuer Hockey-stick ist erschaffen. So kann der Weltklimarat behaupten, dass es seit 125 000 Jahren noch nie so warm war wie heute. Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen (an fünf war ich selbst beteiligt) dokumentieren zwar, dass die mittelalterliche Wärmeperiode etwa so warm war wie heute ( wie es auch noch der 5. Klimazustandbericht beschrieb). Aber nun wird auch noch das Atlantikum vor 6500 bis 8500 Jahren kaltgeschrieben. Das war die Zeit , in der sich Nilpferde in der Sahara tummelten und wenig später Ötzi über die Ötztaler Alpen wanderte. Dutzende von Veröffentlichungen hatten belegt, dass die Temperaturen damals 3 Grad höher waren als heute. Alles nicht mehr wahr. (siehe „Unerwünschte Wahrheiten“, S.34 bis S.54). Im letzten IPCC-Bericht von 2013 hiess es noch „Im kontinentalen Massstab zeigen Temperaturrekonstruktionen der mittlelalterlichen Klima-Anomalie (Jahre 950 bis 1250) mit hohem Vertrauen Intervalle von Jahrzehnten, die in einigen Regionen so warm waren wie im späten 20. Jahrhundert.“

4. Erstmals bringt der IPCC Extremwetterereignisse mit dem menschengemachten Klimawandel in Zusammenhang. Im letzten Sonderbericht zum Extremwetter aus dem Jahre 2012 hiess es noch, dass es keine gesicherten Trendinformationen gibt, die eine anthropogene Beeinflussung annehmen lassen. Jetzt heisst es, dass es Hinweise auf einen menschlichen Einfluss gibt auf beobachtete Veränderungen bei Extremen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen, Dürren und tropischen Wirbelstürmen. Hierdurch wird es jetzt möglich, jedes extreme Wetterereigniss in einen Zusammenhang mit CO2-Emissionen zu bringen. Das ist viel wirkungsvoller, um politischen Druck zu erzeugen als durch die doch relativ wenig Angst erregende Temperaturentwicklung.

5. Denn tatsächlich unterscheiden sich die Temperaturentwicklungen in den CO2-Szenarien bis 2060 nicht besonders stark.
Der Bericht unterscheidet 5 verschiedene CO2-Entwicklungsszenarien. Drei davon kann man sehr schnell in das Reich der Märchen verweisen. Im Szenario SSP5.8.5 (SSP von shared socio economic pathway, und die letzte Zahl steht für die von CO2 erzeugte Erwärmungswirkung) würde sich die jährliche CO2- Emission bis 2080 auf die dreifache Menge erhöhen. Ein absurdes Szenario, da uns dann bald Kohle, Öl und Gas ausgehen würden. Das Szenario 6.0 ist ähnlich irreal, denn danach verdoppelt sich der CO2- Ausstoss bis 2100. Das dritte Szenario, dass man füglich ausschliessen kann, ist die Absenkung der CO2-Emissionen ab 2020 (!) und Verminderung auf die Hälfte in 2035, einem Zeitpunkt , zu dem China und Indien noch einmal 30% an CO2 Emissionen draufgelegt haben werden.
Bleiben also zwei Szenarien übrig. Das 4.5 Szenario lässt die Emissionen bis 2050 nur leicht ansteigen, um danach bis 2100 auf ein Viertel der heutigen Emissionen abzusinken. Das andere Szenario 2.6 vermindert die Emissionen bis 2050 auf die Hälfte und kommt dann 2080 auf Null.

Vergleicht man diese beiden Szenarien, so entwickelt sich die Temperatur beim 4.5 Szenario wie folgt : 2040 0,43°C Erhöhung, 2060 0,93°C, 2100 1,63°C. Im 2.6 Szenario ist die Entwicklung bis 2040 ebenfalls 0,43 C, 2030 0,63°C und 2100 0,73°C. Bis 2060 gibt es da wenig erschreckende Unterschiede. China wird es mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen. Und jeder von uns kann sich ausrechnen was ein 2 %iger CO2-Anteil, wie der Deutschlands, zu den Temperaturanstiegen (wohlgemerkt mit zu heissen Modellen berechnet) beiträgt.

6. Da das alles nicht wirklich dramatisch ankommt, gibt der IPCC aber dem völlig irrealen 8.5 Szenario breiten Raum. Dann könnte es – so IPCC – nämlich sein, dass der Meerespiegel um fast einen Meter bis 2100 ansteigt, und bis 2300 auf 7 Meter. Dann könnte es sein, dass die Atlantische Ozeanströmung AMOC (gemeinhin auch als Golfstrom verstanden) zusammenbrechen könnte. Bislang wurden solche Spekulationen von Klimaforschern wie Jochem Marotzke vom MPI in Hamburg zurückgewiesen. Nun trägt dieser Bericht auch seine Unterschrift.

7. Der IPCC geht auch auf die natürlichen Senken für die CO2-Emissionen ein, ein Thema, was ja seit der Glanzleistung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes allgemein bekannt geworden ist. Wie wir in unserem Buch über das Verfassungsgerichtsurteil „Unanfechtbar?“  beschrieben haben, ist der Satz des Gerichtes falsch : „Nur kleine Teile der anthropogenen Emissionen werden von den Meeren und der terrestrischen Biosphäre aufgenommen…Der große Rest anthropogener Emissionen verbleibt aber langfristig in der Atmosphäre“. In den zum Bericht veröffentlichten FAQs (Frequently asked Questions) bestätigt der IPCC unsere Kritik am Verfassungsgericht. Unter Ziffer 5.1 heisst es : „Beobachtungen… zeigen, dass die Atmosphäre nur etwa die Hälfte des CO2 aufgenommen hat, das durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und Landnutzungsänderungen wie die Abholzung von Wäldern ausgestoßen wurde. Natürliche Prozesse des Kohlenstoffkreislaufs an Land und in den Ozeanen haben den Rest dieser Emissionen aufgenommen. Dieser Abbau an Land und in den Ozeanen, oder „Senken“, ist weitgehend proportional zum Anstieg der CO2-Emissionen gewachsen und hat im Zeitraum 2010-2019 31 % (Land) bzw. 23 % (Ozeane) der Emissionen aufgenommen.“ Wir haben das in „Unanfechtbar?“ umgerechnet auf ppm : 4,7 ppm werden ausgestoßen, 55 %, das sind 2,6 ppm werden durch die Natur aufgenommen.

Aus dieser Grafik 5.8 (auf Seite 5-184) des IPCC Berichts lernen wir zwei Dinge. Erstens, wie naturwissenschaftlich falsch das Bundesverfassungsgericht liegt. Und zweitens, dass die reale Aufnahme der Meere in zunehmendem Maße die Modellrechnungen übertrifft. Aber es kommt noch besser. In FAQ 5.3 stellt der IPPC fest: „Falls die Emission und die Aufnahme von CO2 gleich sind, stabilisiert sich die CO2-Konzentration. Falls die CO2- Entfernung grösser ist als die Emission, würde die Konzentration sinken“. Zuende gedacht würde das heissen , dass die Halbierung der Emissionen ausreicht, um die Konzentration zu senken, denn die Aufnahme von Ozeanen und Pflanzen hängen nicht von der jährlichen Emission ab, sondern von der jeweiligen Konzentration in der Atmosphäre. Und richtig : stoßen wir etwas weniger aus als die riesigen Senken von Ozeanen und Pflanzen aufnehmen (heute schon jährlich 20 Milliarden Tonnen CO2, die Gesamtemission an CO2 ist 38 Milliarden Tonnen), dann sinkt die CO2-Konzentration. (Zur Erläuterung der Grafik 1 Pg C entspricht 3,66 Milliarden Tonnen CO2, das sind für 2019 12,8 Milliarden Tonnen.)

Um nicht zu dieser famosen Lösung der Halbierung der weltweiten CO2-Emissionen als Ziel zu kommen, schreibt der IPCC unter B4.1: „Basierend auf Modellprojektionen würden beim mittleren Szenario 4.5, das die CO2 Konzentrationen in der Luft stabilisiert, die Aufnahme von CO2 durch Land und Ozeane zurückgehen“. Das gelte nach den Modellen ab der 2. Hälfte des Jahrhunderts. Kaum ein physikalischer Zusammenhang legt das nahe, wie auch die realen Messungen (siehe oben) belegen. Die Ozeane sind eine gewaltige Senke und da ist keine Sättigung in Sicht. Aber Modelle, die in der Rückschau versagen, belegen das ! Man malt sich die Welt, wie man sie braucht.

Die Sonne spielt bei der Erwärmung im neuen IPCC- Bericht keine Rolle. Sie wird im Bericht in der Grafik SPM.2 mit Null angegeben. Daher füge ich etwas aus der realen Welt der Messungen bei, an die man sich als Naturwissenschaftler eher orientieren sollte: Die Sonnenscheindauer in Europa und die Wolkenbedeckung in Europa, gemessen durch Satelliten im Rahmen des Copernicus-Programms. Die Autoren schreiben, dass signifikanter überdurchschnittlicher Sonnenschein von Januar bis Mai den Anstieg der jährlichen Sonnenscheinstunden seit 40 Jahren ansteigen lässt. 200 Sonnenscheinstunden mehr im Jahr, pro Tag mehr als eine halbe Stunde – das ist doch eine Nachricht wert. Eine ähnliche Tendenz gibt es seit 2000 weltweit.

Diese spannende Entwicklung der letzten 40 Jahre, die in der wissenschaftlichen Literatur als cloud thinning (Wolkenausdünnung) beschrieben wird, hat die Klimaentwicklung der letzten Jahrzehnte in viel größerem Masse beeinflusst, als man bislang glaubte. In der summary for policymakers kommt dieser Effekt nicht vor. Die noch nicht zu beantwortende Frage ist, ob der Anstieg der Sonnenscheinstunden ein natürlicher Vorgang ist, oder ob er mit dem Rückgang der Schwefel- und Staubaerosole seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zusammenhängt oder ob das durch eine CO2-Rückkopplung auf die Wolken bewirkt worden ist. Wir wissen es noch nicht, aber in einigen Jahren wird sich das sicher herausstellen.

E-Mobilität – 14 Millionen Elektrofahrzeuge bis 2030 geplant

Wobei wohl auch Hybridfahrzeuge, …

… deren Elektromotor kaum genutzt wird, dazu zählen. Das sehen sogar die Aachener Nachrichten so:

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Beim E-Auto ist der Antrieb rein elektrisch, während bei Plug-in-Hybriden nebendem Elektromotorimmer auch ein konventioneller Verbrennungsmotor mit an Bord ist. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass die Elektromotoren bei Plug-in-Hybriden im Alltagsbetrieb oft nur eine geringe Rolle spielen.Viele Experten fordern deshalb, diese Fahrzeuge nicht weiter zu fördern,weil sie dieCO2-Bilanz desVerkehrs nicht verbessern. Quelle

Aktuell aber werden Hybridfahrzeuge zur E-Mobilität hinzugezählt und auch gefördert:

Bemerkenswert ist die Aussage von Bundeswirtschaftsminister Altmaier in Sachen Elektromobilität. WELT-Online zitiert: „Wir werden unser Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020, das jedermann für unerreichbar gehalten hat, in diesem Juli erreichen, also mit nur einem halben Jahr Verspätung“, sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dem „Tagesspiegel“. Das weitere Ziel von sieben bis zehn Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen bis 2030 könne sogar übertroffen werden. Der Wandel hin zu einer individuellen, aber klimafreundlichen Mobilität verankere sich langsam im allgemeinen Bewusstsein, zudem gebe es Innovationsschübe durch die Unternehmen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit und die Quelle des WELT-Online-Artikels finden Sie unter Abbildung 9. 

Verkehrs- und Energieexperte Prof. Eisenkopf analysiert aktuell eine Studie des ITTC und kommt zu erstaunlichen Ergebnissen.

Quelle grün-kursiver Text

Das International Council on Clean Transportation (ICCT), eine nach eigenen Angaben unabhängige Non-Profit-Organisation, die gegründet wurde, um Regulierung im Umweltbereich mit exzellentem, nicht verzerrtem (unbiased) Research sowie technischen und wissenschaftlichen Analysen zu versorgen, hat eine neue Studie zum Vergleich der Treibhausgasemissionen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und elektrisch angetriebenen Autos vorgelegt: A global comparison of the life-cycle greenhouse gas emissions of combustion engine and electric passenger cars. Seit langem ist bekannt, dass das ICCT aber sehr wohl einem Bias in Richtung Elektromobilität unterliegt und z.B. für sehr strenge CO2-Flottengrenzwerte plädiert, die unweigerlich einen starken Trend zur Elektrifizierung der Neufahrzeugflotten nach sich ziehen.

Die neue ICCT-Studie versucht in einem komplexen Modellierungsansatz nachzuweisen, dass weltweit auf den wichtigsten Märkten Elektroautos (BEV) wesentlich klimaschonender sind als Benzin- und Dieselfahrzeuge. In einer umfassenden Lebenszyklusbetrachtung (einschließlich Batteriezellenproduktion und Recycling bzw. Vorkette der Kraftstofferzeugung), lägen die Emissionen von BEV z.B. in Europa im Durchschnitt 63 bis 69 Prozent niedriger als bei vergleichbaren neuen Verbrennern. Aufgrund der absehbaren stetig abnehmenden Emissionsintensität des Strommixes verbessere sich die Position auf 71 bis 77 Prozent für im Jahre 2030 zugelassene Fahrzeuge – trotz der Annahme von um 20 Prozent größeren Batterien. Sofern ein Elektroauto vollständig mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden könne, läge dessen CO2-Bilanz [1] über den gesamten Lebenszyklus sogar um bis zu 81 Prozent unter der eines vergleichbaren Benziners. Hybridfahrzeuge könnten zur Minderung der Treibhausgasemissionen nur geringfügig beitragen (Emissionsminderung von 20 Prozent). Da auch Erdgas-Fahrzeuge und die Beimischung von Biokraftstoffen keine Vorteile bieten würden, lautet die Empfehlung des ICCT, die Neuzulassung von Verbrennern ab spätestens 2035 auslaufen zu lassen.

Das ICCT weist also weit größere Klimavorteile von batterieelektrischen Fahrzeugen aus, als sie bisher behauptet wurden. So spricht eine aktuelle Broschüre (Stand Januar 2021) auf der Homepage des Bundesumweltministeriums davon, dass in der Kompaktklasse Elektrofahrzeuge 30 Prozent weniger Klimagase als Benziner ausstoßen, aber nur 23 Prozent weniger als Diesel. Dahinter stehen – etwas versteckt – Daten des ifeu-Instituts, das allerdings in seinem Update aus dem Jahr 2020 noch konstatiert, dass Elektroautos je nach Lebensfahrleistung  einen Klimavorteil von 30 bis 40 Prozent gegenüber konventionellen Fahrzeugen haben.

Ein Blick auf das Kleingedruckte der Studie

Zwischen diesen Berechnungen und den Ergebnissen des ICCT liegt ein so großes Delta, dass es sich lohnt, einen Blick aufs Kleingedruckte der ICCT-Studie zu werfen – zumindest hinsichtlich der Lage in Europa. Was daherkommt wie eine wissenschaftlich fundierte und seriöse Untersuchung, erweist sich bei näherer Betrachtung allerdings als typische Lobbystudie. Es gilt wie häufig bei solchen Werken das Prinzip: Garbage in – Garbage out. So versucht der Autor der ICCT-Studie, wissenschaftliche Seriosität dadurch zu simulieren, dass sehr detaillierte Rechenwege und Ansätze beschrieben werden und der Leser mit einer geballten Ladung sehr kleinteiliger und in ihrer Potenz fast erdrückender Annahmensetzungen, Überlegungen und komplexer Berechnungen konfrontiert wird. Die Fülle der auf Detailgenauigkeit fixierten Prognosen bis zum Jahre 2050 stellt umgekehrt aber eine typische Anpassung von Wissen im Hayek’schen Sinne dar, da die zahlreichen Kontingenzen dieser Projektionen dem Leser nicht bewusst gemacht werden. Die zum Teil heroischen, aber auch ideologisch-plakativen Annahmen hinter der wissenschaftlichen „Scheingenauigkeit“ bleiben dem politischen Entscheider bzw. Regulator, der sich auf eine solche Studie stützt, verborgen und leiten daher möglicherweise in die Irre.

Grundsätzlich wird in der Studie die unterschiedliche CO2-Intensität der Energienutzung über die gesamte Lebensdauer der Fahrzeuge (18 Jahre) berücksichtigt, was eine erhebliche Komplexität bedingt. Dabei erfolgt eine umfassende Betrachtung der verursachten Emissionen über den gesamten Lebenszyklus (cradle to grave); für Elektrofahrzeuge kalkuliert die Studie laut eigenen Angaben sogar die Treibhausgasemissionen des geplanten Ausbaus der erneuerbaren Energien ein. Die von der Batterie verursachten Klimagasemissionen werden mit regional und zeitlich adjustierten Emissionsfaktoren berechnet; zu erwartende Negativemissionen aus dem Batterierecycling werden im Sinne einer vorsichtigen Abschätzung ausgeklammert. Im Jahre 2030 neu zugelassene BEV weisen perspektivisch deutlich niedrigere Emissionen aus der Batterieproduktion auf. Hierzu sollen zunächst neue Batterietechnologien beitragen; von zentraler Bedeutung ist aber, dass batterieelektrische Fahrzeuge im Zeitablauf von einer sinkenden CO2-Intensität des Strommixes profitieren, wobei sich die Berechnungen bis 2050 an zwei Szenarien orientieren: zum einen das Stated Policy Szenario (STEPS) der Internationalen Energieagentur (IEA) und zum anderen das optimistischere Sustainable Development Szenario (SDS) der gleichen Organisation, welches mit dem „unter 2-Grad Ziel“ des Pariser Abkommens kompatibel sei. Für Europa kommt die Studie damit auf Lebenszyklus-Emissionsfaktoren von 130 (STEPS) bzw. 96 (SDS) Gramm CO2-Äquivalente je kWh Strom bei Zulassung im Jahre 2030. Für 2021 neu zugelassene BEV wird der Emissionsfaktor über den gesamten Lebenszyklus mit 199 Gramm CO2 in der STEPS-Modellierung angegeben. Dahinter stehen allerdings 303 Gramm für Deutschland (!) auf der einen Seite und 35 Gramm für Frankreich auf der anderen.

Schaut man auf die Ergebnisse im globalen Kontext, fällt zunächst auf, dass sich die Klimabilanz von Verbrennerfahrzeugen zwischen 2021 und 2030 zwar in den Vereinigten Staaten, in China und in Indien klar verbessert, allerdings nicht in Europa. Es bleibt bei den verwendeten (angeblichen) realen Verbrauchswerten der Flotten, die mit einem ICCT-eigenen Aufschlag von 37,5 Prozent auf die NEDC-Werte (New European Driving Cycle) kalkuliert werden. Danach verbraucht auch ein im Jahre 2030 zugelassenes Fahrzeug der unteren Kompaktklasse in Europa noch 7,1 l Benzin bzw. 5,9 Liter Diesel je 100 km. Das scheint ziemlich starker Tobak. Technologischer Fortschritt bei Verbrennerfahrzeugen findet in dieser Projektion nicht statt, was wiederum mit eigener „Haus-Expertise“ begründet wird: Die in der EU derzeit gültige Absenkung der Flottengrenzwerte um 37,5 Prozent bis 2030 wird ja von den Herstellern einfach durch höhere Quoten von BEV’s und Plug-In-Hybriden erreicht. Damit wird aber auch das Regime der Flottengrenzwerte als das entlarvt, was es eigentlich ist: eine Quotenregelung für Elektrofahrzeuge

Die Verbrenner von heute werden mit den Elektroautos von morgen verglichen

Realistische Abschätzungen der realen Emissionen von Verbrennerfahrzeugen auf der Basis umfangreicher Praxistests besagen allerdings, dass z.B. ein neuer Golf Diesel 2.0 heute mit einem Realverbrauch von 5 L Diesel je 100 km anzusetzen ist. Ein im Jahre 2030 in Verkehr gebrachter Verbrenner-Pkw könnte mit der absehbar verfügbaren Technik je nach Fahrbetreib auf 3 bis 4 Liter kommen. Es ist allerdings tatsächlich fraglich, ob diese effizienzsteigernden Maßnahmen in der Golf-Klasse umgesetzt werden, was an der unsinnigen Regulierung der Flottengrenzwerte liegt. Da die von der EU für 2030 gesetzten Zielwerte damit nicht erreicht werden können, setzt man lieber auf Elektrofahrzeuge, die allerdings erheblich höhere Emissionen aufweisen, wie noch zu zeigen sein wird. Letztlich vergleicht die ICCT-Studie daher die Verbrenner von heute mit den Elektroautos von morgen, was natürlich Unsinn ist.

Bleibt man beim Blick auf das Kleingedruckte in Europa, fällt weiterhin auf, dass Dieselfahrzeuge in beiden Zeitebenen keine nennenswerten Vorteile gegenüber Benzinern aufweisen, bzw. im Segment der SUVs sogar schlechter abschneiden. Das erstaunt zumindest angesichts der in bisherigen Untersuchungen regelmäßig konstatierten und aufgrund der technologischen Effizienzparameter des Dieselantriebs auch plausiblen Vorteile von Selbstzündern, soll aber hier nicht weiter thematisiert werden. Der zentrale Punkt sind die generell behaupteten niedrigeren Emissionen von BEV gegenüber Verbrennerfahrzeugen wegen des verbesserten Strommixes.

So werden die Emissionen über den gesamten Lebenszyklus für Fahrzeuge der unteren Mittelklasse mit 245 Gramm CO2-Äquivalente je km für Verbrenner angegeben. Im Jahre 2021 in Europa neu zugelassene BEV kommen in der gleichen Fahrzeugklasse auf 76 bis 83 Gramm, je nach Ausbaupfad der erneuerbaren Energien. Für den Fahrzeugjahrgang 2030 sollen sie sogar 56 bis 63 Gramm erreichen. Im „Kleingedruckten“ kann aber lesen, dass die durchschnittlichen Emissionen in Deutschland bei 104 Gramm je km liegen. Dort liegt der Vorteil also nicht mehr bei 77 Prozent, sondern „nur noch“ bei 57 Prozent. Nicht auf dem Radarschirm hat das ICCT auch den Einsatz von an weltweit für erneuerbare Energien günstigsten Standorten produziertem Wasserstoff bzw. E-Fuels, die mittelfristig durchaus relevante Beiträge zur Reduktion von verkehrsbedingten CO2-Emissionen bieten könnten.

Elektroautoschwindel aufgedeckt

Die Message des ICCT wird allerdings für Deutschland nicht allein hierdurch zu fake news – 57 Prozent wären ja immer noch eine veritable Einsparung, wenn man allen zugrunde gelegten Annahmen glaubt. Der zentrale wunde Punkt der Studie ist die Annahme, dass die Elektrofahrzeuge in Deutschland den aktuellen Durchschnittsstrom tanken und dieser Jahr für Jahr immer weniger Emissionen mit sich bringt. Tatsächlich kommt aber mit jedem Elektroauto ein neuer Verbraucher ans Netz; reden wir von über 10 Millionen Elektroautos allein in Deutschland im Jahre 2030, ist unmittelbar klar, dass man nicht mehr argumentieren kann, dass ein BEV gerade dann geladen wird, wenn Strom aus Photovoltaik oder Wind im Überschuss vorhanden ist und ansonsten an die Nachbarstaaten verschenkt oder anderweitig verklappt werden muss. Die zusätzlichen Elektroautos laden und fahren mit den CO2-Emissionen des marginalen Stromangebots, also in Deutschland in der Regel eines fossilen Kraftwerks. Der Strom aus Photovoltaik- oder Windkraftanlagen wird bekanntlich bevorzugt ins Stromnetz eingespeist und ist damit bereits verplant. Ceteris paribus kommt es durch zahlreiche zusätzliche Elektroautos aber zu einem Anstieg der CO2-Emissionen, der erst dann entfällt, wenn der Cap im Emissionshandelssystem EU-ETS zieht.

Dies wird zwar aktuell heftig bestritten, doch vermögen die Argumente der Vertreter der Durchschnittsstromhypothese nicht zu überzeugen. Wenn entsprechend der Merit-Order-Logik die CO2-Intensität bei Ausweitung des Stromangebots zunimmt, was völlig unzweifelhaft ist (steigende marginale CO2-Emissionen), ist es falsch, bei einer finiten Veränderung der Zahl der Verbraucher durch zusätzliche BEV mit Durchschnittswerten zu rechnen; vielmehr entsprechen die zusätzlichen Emissionen dem bestimmten Integral unter der Kurve der marginalen CO2-Emissionen. Diesen eigentlich einfachen ökonomischen Zusammenhang haben Thomas Koch und Thomas Bölke in einer mathematisch hocheleganten Beweisführung absolut klar und eindeutig bewiesen und mit zahlreichen Kollegen in einem offenen Brief der EU-Kommission präsentiert.

Bedauerlicherweise wurde diese Initiative von den Medien vor allem mit Häme und Spott überschüttet. Die Denkfehler und irreführenden Schlussfolgerungen in einem besonders böswilligen Artikel dazu in der WirtschaftsWoche entkräftet sehr kenntnisreich und überzeugend Kai Ruhsert auf seinem Blog „Der Elektroautoschwindel“. Außerdem erscheint es zumindest in Europa geradezu fahrlässig, davon auszugehen, dass sich die Treibhausgasbilanz des Strommixes im Zeitablauf verbessert, wenn immer mehr Sektoren auf eine Versorgung mit elektrischer statt fossiler Energie umgestellt werden sollen (z.B. Stahlindustrie, andere Grundstoffindustrien, Chemie, Wärmemarkt). Dass sogar eine Versorgung mit 100 Prozent erneuerbaren Energien möglich sei, behauptet eine Studie, deren Ergebnisse im jüngsten Wochenbericht des DIW präsentiert wurde. Im Rahmen zweier Szenarien, die sich durch den Grad der regionalen Integration und damit der Rolle der Windenergie Offshore unterscheiden, wird auf der Basis von Simulationsstudien für 38 NUTS-2-Regionen in Deutschland festgestellt, dass die Bedienung der Stromnachfrage bei Sektorenkopplung auch erneuerbar gesichert ist: „In beiden Szenarien lässt sich ein komplett auf erneuerbare Energien basierendes System stündlich berechnen.“

„Durchgerechnet“ geht anders

Dies ist wohl eine der Studien, über welche die Co-Autorin Claudia Kemfert immer wieder sagt, dass die Wissenschaft doch alles im Zusammenhang der Energiewende komplett durchgerechnet habe. Es lohnt auch hier ein Blick aufs Kleingedruckte: So geht die Studie davon aus, dass in dem visionären 100-Prozent-Erneuerbare-Szenario die jährliche Energienachfrage nur noch bei 1.209 TWh liegt – der Endenergieverbrauch in Deutschland betrug aber im Jahre 2018 genau 2.589 TWh. Völlig offen bleibt, wie eine solche Halbierung des Energieverbrauchs einer Industrienation ohne Kollateralschäden bewerkstelligt werden könnte. Es scheint auch hier so zu sein: Garbage in – Garbage out. Dies gilt nicht zuletzt für die kaum nachvollziehbare Annahme der Autarkielösung, die auf Importe erneuerbarer Energien (Wasserstoff, Methan) von außerhalb des Kontinents verzichtet, was dann zu gewaltigen Ausbauzielen für Erneuerbare führt (223 GW installierte Leistung für Wind an Land, 80 GW für Wind Offshore und 226 GW für Photovoltaik). Im geschlossenen Denkgebäude der Aktivisten für die Energiewende sind eben auch die Grenzen geschlossen. Durchgerechnet geht anders, nicht zuletzt, wenn man an die prohibitiven Kosten dieses Unterfangens denkt, die allerdings nirgendwo in dem Bericht thematisiert werden.

Unter den zahlreichen Ungereimtheiten im Detail soll hier nur auf die Annahmen hinter dem „Winterszenario“ hingewiesen werden. Um die Belastbarkeit des Modells zu bestätigen, wird eine Modellrechnung für eine Woche der geringsten Einspeisung erneuerbarer Energien im Januar präsentiert. Dann soll der „Großteil der Stromerzeugung von Windrädern an Land“ kommen, „und wird durch Einspeisemengen von PV-Anlagen mittags ergänzt. Wenn die Winderzeugung niedrig ist, wird die Nachfrage, wenn möglich, verschoben und auf der Erzeugungsseite durch Batteriespeicher, Wasserstoffturbinen sowie Importen aus den Nachbarländern unterstützt“. Fakt ist aber, dass die gesicherte Leistung aus Windenergieanlagen an Land bei einem Prozent der installierten Leistung liegt, wie der hervorragende und lesenswerte Verriss des DIW-Papiers durch Henrik Paulitz auf Tichys Einblick konstatiert.

Allerdings ist im Kleingedruckten auch von Verhaltensanpassungen im Sinne von „Suffizienz“ die Rede und die Versorgungssicherheit soll auch durch Einbindung in das Verbundsystem mit den Nachbarländern gewährleistet werden. Die werden sich bedanken, ebenso aber auch die Bürger in Deutschland: „Wenn die Winderzeugung niedrig ist, wird die Nachfrage, wenn möglich, verschoben und auf der Erzeugungsseite durch Batteriespeicher, Wasserstoffturbinen sowie Importen aus den Nachbarländern unterstützt.“ Verschiebung der Nachfrage? War da nicht einmal was mit einem sogenannten „Spitzenglättungsgesetz“?

Im Wolkenkuckucksheim der Blase der Energie- und Mobilitätswende ist wohl jeden Tag Kirmes, und das DIW betreibt sicher eines der größten und buntesten Karussells auf dem Platz. Hand in Hand mit den Aktivisten vom ICCT bastelt man an einer schönen neuen Welt der Elektromobilität auf der Basis klimaneutraler Energieversorgung. Falls die Daten des ICCT bzw. die Projektionen des DIW stimmten, spräche ja innerhalb dieses Narrativs einiges für die Elektromobilität. Autofahren wäre sozusagen „Genuss ohne Reue“, so wie sich das die meisten überzeugten Elektromobilisten heute noch vorstellen. Dass dies nicht so wirklich stimmt, hat man auch im Bundesumweltministerium erkannt. In der eingangs erwähnten Broschüre zu den Vorzügen der Elektromobilität wird klar gesagt, wie man sich die mobile Zukunft vorstellt: „Elektrofahrzeuge können nicht die einzige Strategie sein, um den Zielen des Klima- und Umweltschutzes im Straßenverkehr gerecht zu werden. Eine nachhaltige Verkehrswende gelingt nur, wenn der Fokus auch auf Vermeidung und Verlagerung gelegt wird.“  Also doch Verzicht und Reue auf dem Weg in die Suffizienz. Nicht alle dürfen auf das schöne bunte Karussell, und Anstehen ist auch wieder angesagt.

Alexander Eisenkopf ist Wirtschaftswissenschaftler und Professor für Wirtschafts- und Verkehrspolitik an der Zeppelin Universität Friedrichshafen.

[1] Strenggenommen rechnet und argumentiert die Studie durchgängig mit CO2-Äquivalenten bzw. Treibhausgasäquivalenten. Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung wird hier meist nur von CO2 gesprochen.

1,5 Grad-Ziel ist fragwürdig

Der Klimaforscher Jochem Marotzke …

Grün-kursives Zitat & kompletten Bericht lesen

… hat untersucht, ob der Klimawandel gestoppt werden kann. „Was wir herausgefunden haben ist ernüchternd“, sagte er im Dlf. Die gesellschaftliche Dynamik sei nicht stark genug, um den menschengemachten Temperaturanstieg so zu begrenzen, wie es notwendig wäre. …

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Der Klimatologe und Meeresforscher Jochem Marotzke hat mit einem Team untersucht, welche Klimazukunft realistisch ist: „Was wir herausgefunden haben – und hier besonders meine Kolleginnen und Kollegen aus den Sozialwissenschaften – ist leider recht ernüchternd, dass wir sagten: Gut, grundsätzlich, von der Technologie, vom Ökonomischen, wäre das Ziel zu erreichen; aber wir sehen nicht, dass die gesellschaftlichen Bewegungen sich hinreichend stark entwickeln, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.“

Angesichts der klimatischen Veränderungen müsse beim Wiederaufbau in den Hochwassergebieten einiges neu bewertet werden, sagte Risikoforscher Christian Kuhlicke im Dlf. Die Infrastruktur müsse so konzipiert werden, dass sie in Zukunft nicht so schnell kollabiere.

Die Tendenz gehe durchaus in eine gute Richtung – zur Emissionsminderung von Treibhausgasen. „Aber diese Tendenz ist nicht stark genug, wenn wir uns das soziale Gefüge, das Sozialsystem global anschauen.“

[…]

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