WELTplus-Interview*: Ein Medizinstatistiker klärt auf & nimmt Angst aus der „Debatte“

Der Berliner Medizinstatistiker Bertram Häussler

… hat die dritte Welle analysiert – und er ist fündig geworden. Drei Dinge treiben die Pandemie, sagt er. Sein Fazit: Beim Lockdown für alle handele es sich um eine „wenig geistreiche Lösung“. 

WELT: Herr Häussler, die Zahlen steigen, die Kanzlerin erklärt dazu, wir erlebten eine neue Pandemie. Wie sehen Sie das?

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Bertram Häussler: Das kann ich nicht erkennen. Die Probleme der jetzigen Welle sind die gleichen wie in der ersten oder zweiten. Das sehen Sie schon daran, dass auch die Infektionsschwerpunkte dieselben sind, damals wie heute.

WELT: Wie meinen Sie das?

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Ein Gedanke zu „WELTplus-Interview*: Ein Medizinstatistiker klärt auf & nimmt Angst aus der „Debatte““

  1. Hochinteressantes Interview.
    Häussler sagt, dass die Altersstruktur der Intensivpatienten nicht bekannt sei. Stimmt, aber die der allgemein ins Krankenhaus wg. Corona neu Eingewiesenen ist es. Diese Zahl befindet sich übrigens auf totalem Sinkflug, wie jeder sich bei ‚Statista‘ oder anderswo überzeugen kann. Das Gros der Einweisungen hat sich jetzt nach den Impfungen laut RKI (Rubrik ‚Klinische Aspekte‘) von den ganz Alten auf die Gruppe der 60-79-Jährigen verlagert. Die unteren Altersgruppen sind nur geringfügig vertreten.
    Man kann annehmen, dass die Patienten auf den Intensivstationen nicht Geimpfte Alte oder andere Risikopatienten sind. Auf jeden Fall ist seit Wielers „slip of the tongue“ zu Migranten bekannt, welche Bevölkerungsgruppe auf den Intensivstationen wg. Corona die Mehrheit stellt. Häusslers Beobachtung, dass das Infektionsgeschehen sich auf einzelne Hotspots konzentriert, passt zu dieser Tatsache (die übrigens auch aus anderen Ländern bestätigt wird).

    Leider ist die Zahl der Coronakranken INSGESAMT in den Krankenhäusern aus öffentlich zugänglichen Statistiken nicht zu eruieren – sie fehlt auch für Deutschland in den ausführlichen Tabellen des ‚European Center for Disease Control and Prevention‘ oder bei ‚Our World in Data‘. Bekannt sind für Deutschland nur die Belegzahlen der Intensivstationen.
    Die steigen seit kurzem (Britenmutante?). Allerdings sind wir von einer Überlastung meilenweit entfernt.
    Wieso das so ist, kann jeder auf der Webseite der ‚Deutschen Krankenhausgesellschaft‘, „Derzeitige Corona-Situation in den Krankenhäusern“ nachschauen (unbedingt lesenswert). Hier wird z.B. erklärt, dass die normale Auslastung der Intensivstationen auch vor Corona-Zeiten schon immer 70-80% Belegung betrug. Und es steht eine grosse Reserve-Kapazität zur Verfügung.
    Aber VOR ALLEM muss man einberechnen, dass die Spitäler flexibel sind: Es kann jederzeit auf den Intensivstationen Platz geschaffen werden, indem man nicht-dringende Operationen verschiebt, wie das früher schon der Fall war.

    Die Momentaufnahme des DIVI-Intensivregisters mit Angabe der „momentan freien Betten“ bietet also kein realistisches Bild!

    Ebenfalls aufpassen muss man bei den „DIVI-Neuaufnahmen“; die enthalten nämlich auch Verlegungen von einer Intensivstation in eine andere – Folge: höhere DIVI-Zahl, aber kein Patient mehr. Man muss also auf die richtige Zahl achten, die Veränderung zum Vortag (die Steigerung war gestern übrigens erheblich niedriger als in den Tagen zuvor; für heute, 13.52 Uhr, liegt noch keine neue Zahl vor).

    Sehr interessant ist der Hinweis von Häussler auf den Einfluss von Nachbarländern (das wird auch von anderen Experten bestätigt), denn es ist schon auffällig, dass die höchsten Inzidenzen tendenziell an einigen Grenzen (etwa zu Tschechien) vorkommen. In diesem Sinne erfreulich ist, dass die Zahlen in Tschechien schon seit Mitte März stark zurückgehen.
    Auch in der Slowakei, Belgien und den Niederlanden sinken die Inzidenzwerte, wenn auch erst seit kurzem (es ist übrigens implausibel, dass niedrige Testzahlen um Ostern einen sehr starken Effekt auf die Zahlen hätten – zumindest in Deutschland wurde vor Ostern laut Aussagen der Test-Zentren VERSTÄRKT getestet; und der Rückgang der Infektionen ist in den genannten Ländern schon VOR Ostern sichtbar). Das wird vermutlich bald auch seinen positiven Effekt auf die benachbarten Regionen in Deutschland haben.
    Der einzige wirklich übriggebliebene Problemfall unter unseren Nachbarn ist Frankreich, dass sich – man muss sagen, ziemlich unverschämterweise – gegen stärkere Kontrollen an der Grenze wehrt.
    Dass deutsche Politiker in diesem Gesamtumfeld einen stärkeren Lockdown fordern, ist allerdings genauso unverschämt.

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